Teil 2: Der Wort”laut”

Worte sind nur Lautäusserungen

Im zweiten Teil möchte ich mehr Verständnis für den Einsatz unserer „Wortsignale“ wecken. Hierbei kämpfe ich immer wieder schon mit der Begrifflichkeit. „Kommando“ und „Befehl“ sind die Worte, die wir dafür lange benutzt haben, die aber falsche Erwartungen wecken und ein kooperatives Miteinander schwierig machen. Deswegen habe ich mich für „Wortsignal“ entschieden, was sehr viel mehr das ist, was uns im Umgang mit unserem Hund begleiten sollte.

Erstmal muss uns klar sein, dass unser Hund niemals ein Wortverständnis entwickeln wird, er ist jedoch in der Lage unsere Lautäusserungen mit Situationen und Handlungsketten zu verknüpfen. Ja, das was wir als „Wort“ verstehen ist nichts anderes als eine „Lautäusserung“ für unseren Hund, wobei er darauf angewiesen ist, dass wir das Wortsignal jedes mal gleich aussprechen in Bezug auf die Stimmlage, Wortlänge und Betonung, sogar die Lautstärke hat Einfluss drauf, wie das jeweilige Wortsignal für unseren Hund wahrgenommen wird.

Chinesisch, spanisch, hündisch

Wenn wir jemanden chinesisch sprechen hören – gesetzt den Fall wir haben diese Sprache nicht gelernt – sind wir in einer ähnlichen Situation. Wir können nicht sagen, wo das eine Wort anfängt und das andere aufhört, können unter allen Füllwörtern nicht das für uns relevante rausfiltern. Wissen nicht ob uns eine Geschichte erzählt oder eine Handlung von uns erwartet wird.

Wir sind auf einen geduldigen Lehrer angewiesen, der uns bestätigt und dadurch motiviert, wenn wir es richtig machen und nicht schimpft, wenn wir es falsch machen und uns dadurch hemmt.

Wenn wir die Worte, also auch ein „gut gemacht“ von einem „das ist falsch“ nicht unterscheiden können, sind wir auf Körpersprache und den Klang der Stimme angewiesen. In dieser Situation ist unser Hund den jeden Tag.

Ja und warum tut er das denn jetzt nicht?

Es gibt mehrere Gründe warum das Wortsignal nicht immer den erwünschten Effekt hat. Ein oft gemachter Fehler dabei ist, dass wir unserem Hund nicht die Zeit und entsprechende Anleitung geben, das Wortsignal mit einer konkreten Handlung zu verknüpfen. Es kann auch sein, dass unser Hund das Wortsignal bereits abgespeichert hat, aber es für ihn entweder keinen Sinn macht oder seine Lernerfahrung durch unsere Inkonsequenz ist, dass ein Wortsignal für ihn nicht immer Relevanz hat. Aber auch mit dem Wortsignal verbundene Emotionen haben Einfluss darauf, ob oder wie oft unser Hund unsere Erwartung auf ein Wortsignal erfüllt.

Haben wir unserem Hund genug Zeit und Wiederholungen gegeben, um das Wort lernen zu dürfen? Waren wir konsequent und geduldig mit ihm? Haben wir in verschiedensten Umgebungen und steigender Ablenkung mit ihm geübt? Haben wir unsere Emotionen im Griff, dass der Hund mit dem beigebrachten Wortsignal auch eine positive Stimmung verbindet?

Relevanz unserer Wortsignale

Dass unser Hund eine Chance hat unsere Wortsignale zuverlässig mit einer Aktion zu verknüpfen benötigt es von uns eine entsprechende Konsequenz. Unser Hund wird immer genauso zuverlässig mit uns kooperieren, wie wir eben auch auch zuverlässig für ihn sind. Umso öfter ein unverbindliches „Hier“ oder „Sitz“ oder, oder, oder von uns ausgesprochen wird, desto unverbindlicher wird auch die Reaktion unseres Hundes.

Negatives BeispielLerneffekt
Wir liegen bequem auf dem Sofa. Unser Hund kommt plötzlich mit einem unserer Socken ums Eck und hat mutig den Kampf gegen das Sockenmonster aufgenommen. Nun sagen wir also 1-10 x „Nein“, weil wir nicht aufstehen wollen und so wichtig war dieser alte Socke sowieso nicht. Also beenden wir unsere Diskussion mit einem: „Ach, jetzt ists auch schon egal!“.Was hat unser Hund gelernt? Eventuell dass unser „Nein“ ihm beim spielen anfeuern soll, oder dass es sich lohnt Wortsignale auszusitzen, er hat ja den längeren Atem, oder dass „Nein“ die Erlaubnis dafür ist verbotenes tun zu dürfen? Wir wissen es erst mal nicht, was er aber auf keinen Fall gelernt hat ist, dass ein „Nein“ unseren Wunsch ausdrückt, dass er keine Socken kaputt-spielen darf!
Jack Russel Terrier beim Abruf

Beim Kennenlernen eines Wortsignals ist es wichtig, dass wir es dann aussprechen, wenn das erwünschte Verhalten auch passiert und nicht, wenn wir es uns wünschen. Wenn unser Hund beispielsweise zu schnell läuft und wir „langsam“ sagen, benennen wir sein schnelles gehen und nicht das langsamer werden.

Das heisst für uns, sparsam mit unseren Wortsignalen umgehen. Wir sprechen das Wortsignal also nur aus, wenn wir auch die richtige Konsequenz garantieren können. Das heisst auch für uns, dass wir Situationen so lange wie möglich managen anstatt darauf zu hoffen, dass unser Hund zufällig das richtige tut.

Management Beispiele:

Managen beim Abruf

Wir managen Gefahrsituationen oder verhindern das Entfernen unseres Hundes durch die Schleppleine. Das Abrufsignal dürfen wir nur dann an unseren Hund richten, wenn wir uns sicher sind, dass er auch kommt.

Managen bei “SITZ”

Wir locken ihn so lange in die Sitzposition ohne das Wort, bis er zuerst den Bewegungsablauf verstanden hat und diesen dann mit einem Sichtsignal verknüpft hat. Erst wenn diese zwei Faktoren für unseren Hund klar sind setzten wir jedes mal bevor wir das Sichtsignal geben unser Wortsignal „Sitz“ davor.


Schritt 1: Wortwahl

Zuerst müssen wir uns Gedanken machen, welche Wortsignale wir unserem Hund beibringen wollen. Sind es Worte, die wir im Alltag ständig sagen, so dass die Verknüpfung von Wortsignal und Handlung für unseren Hund an Relevanz verliert? Klingen verschiedene Signale zu ähnlich kann es auch vorkommen, dass unser Hund keinen Unterschied raushört. Sind mehrere Familienmitglieder Bezugsperson für unseren Hund, so sollte jeder die selben Wortsignale benutzen.

TIPP: Nagelt euch auf ein klares Wort für jede Handlung fest und legt eine Liste an in dem alle Wortsignale aufgeschrieben werden, die für alle Personen gelten die euren Hund führen.

Schritt 2: Training

Ist ein Wort auserkoren muss unser Hund die Chance bekommen es lernen zu dürfen. Nur weil für uns klar ist, was eine Decke ist, ist das Wortsignal für unseren Hund noch weit weg von der Handlung auf diese zu gehen. Dabei sollten wir das Wort die ersten Wochen nur im Training benutzen und unsere Erwartungshaltung klein halten. Unser Hund lernt durch das Ausschlussverfahren: „Versuch und Irrtum“. Ist er bereits 10 mal bei dem Wortsignal „Decke“ auf die Decke gegangen, wird er sich eventuell beim 11 mal neben die Decke stellen oder nur eine Pfote drauf setzen. Er tut das nicht um uns zu ärgern, er steckt sich so den Rahmen, was diese Wortsignal im Detail für ihn heisst.

TIPP: Führt das Wortsignal erst ein, wenn für euren Hund die Handlung und das Sichtsignal schon klar ist.

Schritt 3: Dran bleiben

In der Lerntheorie spricht man von 2000 Wiederholungen bis ein Signal wirklich klar für den Hund und auch gefestigt ist. Dabei sollte man die Ablenkungsreize langsam erhöhen und immer auf dem Lernniveau des Hundes bleiben. Dabei kann man nach ca 200 Wiederholungen langsam die „Keksbestätigung“ ausschleichen, ein körpersprachliches Signal, wie beispielsweise ein Lächeln sollte der Hund aber immer bekommen als Bestätigung.

TIPP: Macht das Training zu einem fixen Bestandteil eures Tagesablaufs. So könnt ihr grob Überschlagen, bis wann das Wortsignal wirklich beim Hund verinnerlicht ist.

Zusammenfassung:

  1. Worte sind für unseren Hund nur Lautäußerungen.
  2. Wiederkehrende Lautäußerungen kann unser Hund durch viele Wiederholungen als „Wortsignale“ abspeichern.
  3. Unser Hund lernt durch Konsequenzen und Wiederholung. Nur weil wir lauter oder mit ärgerlichem Unterton ein Wortsignal geben versteht unser Hund den Sinn nicht besser.

Fazit:

Wenn wir unsere Wortsignale erst für uns klar Strukturieren und dann mit Geduld und Kontinuität im Training unserem Hund eine faire Chance geben diese zu lernen, bekommen wir einen zuverlässigen Partner der gerne mit uns kooperiert.

Alles im Sinne von „verstehen – vertrauen – verbinden“ …